Warum schmecken Zucker süß?
Die Forschung bezüglich des Grundes für den süßen Geschmack ist bis heute noch nicht abgeschlossen. Verschiedene Modelle werden kontrovers diskutiert. Deshalb können keine hundertprozentigen Aussagen getroffen werden. Über die folgenden Ergebnisse ist sich die Wissenschaft jedoch weitgehend einig:
Vor wenigen Jahrzehnten noch wurde der süße Geschmack pauschal auf die hohe Anzahl der OH-Gruppen der meisten Zuckermoleküle zurückgeführt. Da diese Begründung aber bei vielen Süßstoffen versagt, entwickelten Schallenberger und Acree 1967 folgendes Modell:
Für den süßen Geschmack ist ein Protonendonator/-akzeptor System (AH/B-System) mit bestimmten sterischen Vorraussetzungen verantwortlich. Das AH/B-System und tritt mit dem Süßrezeptoren über die Ausbildung von zwei Wasserstoffbrückenbindungen in Wechselwirkung.
Dieses Modell war zwar in der Lage den süßen Geschmack aller Moleküle zu erklären, es konnte aber nicht die sehr unterschiedliche Intensität des süßen Geschmacks begründen. Deshalb erweiterte Kier dieses Modell um einen dritten Bindungspunkt X. Bei diesem Bindungspunkt handelt es sich um eine hydrophobe Gruppe die mit dem AH/B-System ein AH-B-X-Dreieck bildet. Durch die hydrophoben Wechselwirkungen wird der Süßstoff zum einen so gedreht, dass sich das AH/B-System in die Rezeptortasche einlagert und zum anderen in die Tasche "hineingedrückt" wird.
Aber auch dieses Modell offenbarte einige Schwächen: Bei der Saccharose z.B. gelang es der Forschung nicht, einem festen Bindungspunkt X zu lokalisieren. Deshalb modifizierte man das Schallenberg-Kier-Modell wie folgt: Anstelle des spezifischen Bindungspunkten X ist eine deutlich ausgedehnte Molekülregion für die hydrophobe Wechselwirkung verantwortlich. Diese hydrophobe Bereich muss dem AH-B-System gegenüberliegen. Des weitern geht man davon aus, das die Süßkraft deutlich größer ist, wenn das AH-B-System in einem hydrophilen Bereich lokalisiert ist.
Die oben ausgeführten Ergebnisse lassen sich durch Experimente belegen: Änderungen am AH-B-System führen zum vollständigen Verlust der Süßkraft. Substituiert man im hydrophoben Bereich leicht polare Gruppe durch hydrophobere Substituenten, so kann man die Süßkraft um einige Zehnerpotenzen steigern.