1. Präklinische Forschung

 

Am Anfang eines jeden neuen Arzneimittels steht die Suche nach einem geeigneten Wirkstoff, für eine noch nicht behandelbare Krankheit bzw. eine noch nicht ausreichend behandelbare Krankheit. Es scheint deswegen auf den ersten Blick unglaublich, dass immer noch neue Wirkstoffe gefunden werden, denn ein Wirkstoff muss viele Voraussetzungen erfüllen. Die wichtigsten sind, dass sich die Substanz im Körper nur mit Molekülen verbindet, die im Krankheitsverlauf eine wichtige Rolle spielen und den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen, andere Moleküle im Körper ganz oder so gut wie in Ruhe lässt (keine oder nur wenige Nebenwirkungen) und nicht in das menschliche Erbgut eingreift (Krebsgefahr), den Krankheitsort erreicht, bevor sie vom Körper ausgeschieden oder abgebaut wird und sich nicht mit Nahrungsbestandteilen bindet und dadurch zu riskanten Wechselwirkungen führt. Die Wirkstoffe kann man in drei Gruppen einteilen: Naturstoffe, chemische Wirkstoffe und gentechnische Wirkstoffe. Im Gegensatz zu früher werden heute auch Computer bei der Entwicklung neuer Wirkstoffe eingesetzt. So ist die Entwicklung eines neuen Wirkstoffes, nicht wie früher, reiner Zufall. Jeder Wirkstoff benötigt einen Angriffspunkt. In der Fachsprache wird dieser Angriffspunkt „Target“ genannt. Ein Target ist ein Molekül im Körper, an dem ein Arzneimittel ansetzen und den Krankheitsablauf beeinflussen kann. Muss vor der Wirkstoffsuche noch ein Target gesucht werden, so verlängert sich die Entwicklung eines Arzneimittels um weitere zwei Jahre. Heute helfen bei der Targetsuche auch die Erkenntnisse über das menschliche Erbgut. Zu den wichtigsten Targets bzw. zu den Targets der meisten Arzneimittel gehören u.a. Enzyme, Rezeptoren, Ionenkanäle und Transporter. Wenn ein Target gefunden worden ist, kommt das Screening. Bei diesem werden bis zu zwei Millionen Substanzen, die als neuer Wirkstoff in Frage kommen, einzeln mit Targetmolekülen zusammengebracht. Da dies von Hand nicht möglich wäre, gibt es Roboter, die pro Tag bis zu 200.000 Substanzen testen können. Reagiert eine Substanz positiv auf ein Target, so färbt sie sich. Diese Testart ist das sogenannte Hochdurchsatz-Screening (HTS). Die Substanzen, die auf das Targetmolekül eine, wenn auch nur schwache, Wirkung zeigen, werden „Hits“ genannt und weiter untersucht. Die Hits kommen nach dem Screening erst in die chemische Optimierung und danach werden an ihnen biochemische Tests durchgeführt. In der chemischen Optimierung werden die Hits von Chemikern abgewandelt, mit dem Ziel, Substanzen, die wirksamer und besser die Anforderung an den neuen Wirkstoff erfüllen, zu entwickeln. Bei der Auswahl von aussichtsreichen Substanzveränderungen helfen Computerprogramme. Nach dieser Auswahl müssen diese Substanzen biochemische Tests durchlaufen, wo sie vor allem auf ihre Wirksamkeit geprüft werden. Nach diesen Tests wird entschieden, ob die Substanzen noch einmal optimiert werden. So gibt es ein stetiges Hin und Her zwischen chemischer Optimierung und biochemischen Tests. Nachdem dann eine oder mehrere Substanzen feststehen, müssen diese auch noch auf ihre Wirksamkeit und ihre Unbedenklichkeit hinsichtlich Giftigkeit (durch Toxikologen) und andere schädliche Nebenwirkungen untersucht werden. Diese Tests werden an Zellkulturen aber auch an Tieren, einem Nager und einem Nicht-Nager (meistens eine Ratte und ein Affe), durchgeführt. Am Ende dieser Testreihe kommt dann in den meisten Fällen nur eine Substanz als Wirkstoffkandidat, in Frage, welche dann in der klinischen Forschung weiter getestet wird.

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